Schülerinnen und Schüler mit ADHS an Hamburger Schulen: Wie ist die Lage aus Sicht der Schulen wirklich?

29. März 2023

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Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) tritt bei vielen Schülerinnen und Schülern auf und führt häufig zu Problemen im Unterricht. Um die aktuelle Lage an Schulen einzuschätzen, hat ein Team der Fakultät für Erziehungswissenschaft eine Online-Umfrage zum Thema ADHS durchgeführt. Die Antworten von 111 Hamburger Schulen bieten neue Erkenntnisse zum Vorkommen und Umgang mit ADHS in Hamburg. Sie verdeutlichen, dass ADHS ein präsentes Thema an Hamburger Schulen ist.

Was ist ADHS und wen betrifft das?

Personen, die von der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) betroffen sind, sind häufig unaufmerksam, hyperaktiv und impulsiv. Weltweit ist schätzungsweise eins von 20 Kindern von ADHS betroffen.

Kinder und Jugendliche mit ADHS verhalten sich häufig nicht den altersgemäßen Anforderungen entsprechend und haben ein erhöhtes Risiko für schlechte Noten und andere schulische Misserfolge. Auf der anderen Seite haben viele Schülerinnen und Schüler mit ADHS eine schnelle Auffassungsgabe und ausgeprägte Kreativität. Diese Aspekte verändern das Lehren und Lernen sowohl für die individuellen Schülerinnen und Schüler als auch für die gesamte Klasse und die Lehrkräfte.

Um die aktuelle Situation in Hamburg zu erfassen, haben Dr. Timo Hennig, Dr. Marie-Luise Schütt und Prof. Gabi Ricken (Fakultät für Erziehungswissenschaft) im Rahmen des Projektes ProfaLe alle allgemeinbildenden Hamburger Schulen zu einer anonymen Online-Umfrage eingeladen. 111 Schulen nahmen teil.

Was zeigt die Studie an Hamburger Schulen?

Etwa 4,4% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland werden mit ADHS diagnostiziert; nach Einschätzung der Schulen sind vermutlich knapp 9% betroffen. Die Schulen sehen Schwierigkeiten im Umgang mit ADHS vor allem bei den schulischen Rahmenbedingungen: Durch den Personalmangel könnten wirksame Maßnahmen manchmal nicht umgesetzt werden und Lehrkräfte könnten eine persönliche Bindung nur unzureichend aufbauen. Da der Fokus von Schulen zunächst vor allem darauf liegt, einen Rahmen sicherzustellen, in dem alle Lernenden der Klassengemeinschaft angemessen lernen, bleibe teilweise wenig Zeit, sich intensiv einzelnen Schülerinnen und Schülern zu widmen.

Neben diesen Herausforderungen sehen knapp drei Viertel der Schulen auch Chancen im Umgang mit ADHS. Die Einstellung, ADHS auch als Ressource und nicht nur als Problem zu verstehen, kann zum Gelingen inklusiven Unterrichts beitragen. Pessimistische Erwartungen hingegen können sich im Sinne von selbsterfüllenden Prophezeiungen ungünstig auswirken. Die befragten Schulen hoben als positive Aspekte vor allem individuelle Eigenschaften der betroffenen Schülerinnen und Schüler hervor wie beispielsweise. Kreativität. Durch die erforderliche inklusive Ausrichtung des Unterrichts könne sich auch die Unterrichtsqualität insgesamt verbessern und Lehrkräfte ihre Kompetenzen ausbauen, wovon wiederum alle Lernenden profitieren würden.

Welche Schlussfolgerungen sind möglich?

Insgesamt zeigte sich, dass ADHS ein präsentes Thema an den Hamburger Schulen ist und den Schulen sowohl eine Vielzahl an Herausforderungen als auch Chancen bewusst sind. Zwei Drittel der Schulen geben außerdem an, spezielle Fördermaßnahmen durchzuführen. Dies seien häufig individuelle Maßnahmen, die teilweise nicht spezifisch auf ADHS ausgerichtet seien. Da es einige wissenschaftlich entwickelte und evaluierte Interventionen gibt, die weniger eingesetzt werden, gebe es hier noch ein großes Potential zur weiteren Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit ADHS, so das Forschungsteam.

Den gesamten wissenschaftlichen Artikel von Dr. Timo Hennig, Dr. Marie-Luise Schütt und Prof. Dr. Gabi Ricken finden Sie hier.